Donnerstag, 20. März 2014, 19:00
mikrokino #207
HARRAGA - JENSEITS VON PASS UND GRENZEN
'Harraga'
brechen mit dem Regime der nationalstaatlich sanktionierten Identität:
Mit dem arabischen Wort bezeichnen sich Menschen, die ihre Ausweise oder
Pässe verbrennen und oft genug auch ihre eigene Jugend. Nicht nur um
übers Mittelmeer oder andere Routen nach Europa zu reisen, sondern um
irgendwo anders als im 'bled' - dem Ort ihres Aufwachsens und Herkommens
- ihr Glück zu finden. Ernst Logar präsentierte im Rahmen einer
Kunstinstallation das Bergdorf Telouet (Marokko) als postkolonialen Ort
zwischen Landleben, Wochenmarkt und Tourismus, zum anderen fungierte ein
Container als Verkaufsladen, in dem marokkanische Waren verkauft und
der bürokratische Prozess der physischen und wirtschaftlichen
Grenzüberschreitung dokumentiert wurde. Die beiden Videos "Rachid" und "Telouet"
waren Teil dieser Installation und handeln vom jungen Marokkaner Rachid
und seinem Bergdorf im Hohen Atlas. Fragen nach den erlaubten und den
verbotenen Bewegungen von Menschen und Waren, von Begehren und
Projektionen werden aufgeworfen.
"El Berrani" von Aboubakar Hamzi
portraitiert Freunde des Filmemachers in Oran: Künstler, Rapper und
Anwärter von Harraga. Sie geben dem Prozess, fremd zu werden, Ausdruck –
bereit werden, sich auf und davon zu machen.
Juri Schadens Filmessay "Entwürfe"
beschäftigt sich schließlich mit der politischen Bedeutung eines Ortes,
an dem die freie Bewegung zum Stillstand gebracht wird, dem neuen
Schubhaftzentrum im steirischen Vordernberg.
Rachid, R: Ernst Logar, A/Marokko 2012, 4 min
Telouet, R: Ernst Logar, A/Marokko 2012, 25 min
El Berrani (Der Fremde), R: Aboubakar Hamzi, Algerien 2010, 25 min, OF dt. eingesprochen
Entwürfe, R: Juri Schaden, A 2013, 22 min
Anschließend Gespräch mit Ernst Logar und AktivistInnen des Refugee Protest Camps
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"Ich setze voraus, dass in jeder Gesellschaft die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert wird – und zwar durch gewisse Prozeduren, deren Aufgabe es ist, die Kräfte und die Gefahren des Diskurses zu bändigen, sein unberechenbar Ereignishaftes zu bannen, seine schwere und bedrohliche Materialität zu umgehen." Michel Foucault